Der kleine Papageientaucher (engl. puffin) ist zum Wahrzeichen der Isles of Scilly geworden, denn die kleinen Inseln vor der Küste Cornwalls gehören zu den bevorzugten Brutplätzen der exotisch anmutenden Vögel. Von Mai bis Juli kann man hier – mit etwas Glück – ganze Kolonien beobachten. Das wollen natürlich auch wir uns nicht entgehen lassen.
Expedition zu den Papageientauchern
Zusammen mit etwa 20 anderen „Expeditonsteilnehmern“ legen wir am Morgen mit einem Motorboot vom Hafen von St. Mary’s ab. Gemächlich tuckern wir, vorbei an den, in der Bucht dümpelden, Fischer- und Segelbooten hinaus aufs Meer. Unser Ziel sind einige kleine unbewohnte Inseln und Felsformationen nahe der Insel St. Agnes. Die Strecke ist nicht allzu weit – dass sie aber für ihren oft recht hohen Seegang bekannt ist, erfahren wir zum Glück erst hinterher. Wir merken erst nach einer Weile, wie hoch die – eigentlich sehr unscheinbar aussehenden – Wellen wirklich sind, als wir das Gefühl haben, mit unserem kleinen Boot in einem Tal zwischen hohen (Wellen-) Bergen hin und her zu schaukeln.
Cornish Pasties auf hoher See
Der Kapitän eines Kreuzfahrtschiffs hatte mir einmal den Rat gegeben, bei hohem Seegang möglichst keinen leeren Magen zu haben, sondern regelmäßig zu essen. Nicht zu viel, aber eben gerade so, dass der Magen etwas zu tun hat. Ich erinnere mich an die auf St. Mary’s gekauften Cornish Pasties und hole die Tüte aus dem Rucksack. Kaum habe ich die Tüte geöffnet, lenke ich damit die Aufmerksamkeit sämtlicher Mitreisenden auf mich. „Hier duftet es nach Cornish Pasties“, sagt einer laut. Zustimmendes Nicken bei den anderen – so suchen alle nach der „Duftquelle“ und entdecken schließlich mich und meine Tüte. Breites Grinsen allerseits, dass ausgerechnet die einzigen „Germans“ an Bord die typischten aller kornischen Spezialitäten auspacken.
Was das Vesper betrifft, sind wir also ganz weit vorne. Was die Ausrüstung betrifft, müssen wir klare Defizite einräumen. Da sind uns unsere britischen Expeditionskollegen eindeutig überlegen. Sie sind durchweg mit Ferngläsern und der passenden Literatur ausgestattet, um auch wirklich alle noch so kleinen Vögel, selbst in weiter Ferne, zu identifizieren. Für uns sollten die Papageientaucher möglichst direkt neben dem Boot landen, damit wir sie überhaupt erspähen können. Noch ist jedoch kein einziger zu sehen.
Unerwartete Begegnung
Wir nähern uns Annet, einer der kleinen, nur von Vögeln bewohnten Inseln. Hier brüten zahlreiche Vogelarten (bitte vergebt mir, dass ich mir all die Namen, der mir bis dahin völlig unbekannten Vögel, nicht merken konnte und ich sie daher an dieser Stelle auch nicht übersetzen kann) – vor allem Papageientaucher. Theoretisch. Praktisch entdecken wir leider keinen einzigen – auch nicht die britischen Kollegen mit Fernglas. Wir tuckern entlang der schroffen Küste – ohne Erfolg. Dann plötzlich taucht unweit unsere Bootes ein Seehund auf – ganz unerwartet, denn eigentlich sind eher die Inseln um St. Martin für ihre Seehundpopulation bekannt. Der Seehund lässt uns nicht aus den Augen und kommt langsam aber sicher immer näher. Dicht vor unserem Boot hält er inne und beobachtet uns mit großen Augen. Vermutlich genießt er die ungewöhnliche Begegnung mindestens so sehr wie wir.
Gar nicht so leicht zu erkennen: die Papageientaucher
Dann plötzlich fliegt ein Schwarm kleiner Vögel dicht an unserem Boot vorbei. Unser Expeditionskollegen sind in Hochstimmung – endlich sind sie da: die Papageientaucher! Und zwar ganz schön viele. Ganz ehrlich – wir haben sie auf den ersten Blick nicht als solche erkannt. Die Vögel sind irgendwie kleiner, als wir sie uns vergestellt haben. Und im Vorbeiflug sind die charakterischen, leuchtend orangefarbenen Schnäbel nicht zu erkennen. Doch dann lässt sich ein Schwarm direkt neben unserem Boot auf dem Wasser nieder – und schließlich erkennen auch wir sie als echte Papageientaucher.
Hochstimmung an Bord
Wir entdecken immer mehr der hübschen Vögel rund um das Boot – entsprechend gut ist die Stimmung an Bord. Jetzt geht es natürlich darum, die Papageientaucher zu fotografieren. Das ist gar nicht so einfach – mal schaukeln sie auf den Wellen auf und ab, mal fliegen sie gerade in dem Moment weg, wenn man abdrückt. Beim späteren Sichten der Fotos entdecke ich zahlreiche „Wellenfotos“, auf denen außer Wasser nix zu sehen ist.
Wir genießen unsere Begegnung mit den Seehunden und den Papageientauchern und beobachten sie noch eine ganze Zeit lang – ein fantastisches Erlebnis, sie in ihrem natürlichen Lebensraum sehen zu können. Völlig beglückt fahren wir weiter nach St. Agnes (mehr dazu gibt es bald hier 🙂 )
Infos: Fährfahrten und Ausflüge ab St. Mary’s bietet die St. Mary’s Boatman Association. Preisbeispiel: Bishop Rock & Seabirds 16,50 GBP/Erwachsene; 8,25 GBP/Kinder, Dauer ca. 2 Stunden.
Ich würde die Tour auch für Kinder ab ca. 8 Jahren empfehlen – vorausgesetzt, die Kinder interessieren sich für Tierbeobachtungen.
Wer nicht so richtig seetauglich ist, sollte entsprechend vorsorgen und ein Medikament gegen Seekrankheit oder ein Akupressur-Armband im Gepäck haben – sicher ist sicher!