Urlaub an der nördlichen Adria – das bedeutet für viele Strandurlaub unter akribisch angeordneten Sonnenschirmchen. Doch die Region um Caorle hat viel mehr zu bieten. Vor allem die Lagune, die sich nördlich des Städtchens bis weit ins Landesinnere erstreckt, bietet Natur pur und damit einen wunderbaren Kontrast zum quirligen Strandleben.
Die Stille Seite von Caorle
Weniger als einen Kilometer von Caorle entfernt beginnt eine fast unberührte Landschaft. Kilometerlange Kanäle ziehen sich durch das hohe Schilf und durch eine topfebene Landschaft. Teile der Lagune wurden schon vor vielen Jahren trockengelegt, um dort Felder anzulegen. Heute wachsen hier verschiedenste Getreide- und Gemüsesorten und mehr und mehr Weinreben. Es ist die Gegend, in die der Schriftsteller Ernest Hemingway oft und gerne kam um Freunde zu besuchen. Ihn inspirierte diese einzigartige Landschaft zu seinem Roman „Über den Fluss und in die Wälder“.

Auf diesem Hof wohnte Hemingway während seiner Besuche in der Lagune von Caorle

Viele der Boote tragen die typischen Farben von Caorle: blau und rot
Mit dem Mountain Bike auf Hemingways Spuren
Wir wollen die Landschaft aus einer neuen Perspektive kennen lernen und starten mit Mountain-Bike-Guide Chiara zu einer Radtour durch die Lagune von Caorle. Das September-Wetter meint es gut mit uns – die Sonne strahlt, der Himmel ist tiefblau, aber es ist nicht zu heiß. Wir sind mit einer Gruppe unterwegs – vier Familien mit Kindern im Alter von 7 bis 14 Jahren – es dauert eine Weile, bis auch wirklich jeder das passende Mountain Bike hat. Wir stellen fest, dass wir „das Problem“ waren, denn offensichtlich stimmten in unserem Fall die italienischen Maßstäbe für Alter und Größe nicht überein. Die Kids waren einfach viel zu groß für die Räder. So wurde hin und her getauscht und Chiara organisierte aus dem Nichts noch zwei weitere Räder in der richtigen Größe.

Das Schilf wird in der Sonne getrocknet
Sehenswert: Die typischen Casoni
Unsere erste Station liegt nur etwa zwei Kilometer außerhalb von Caorle. Ein kleines Dorf mit traditionellen Casoni, den typischen schilfgedeckten Häusern der Fischer. Heute werden die Casoni kaum noch ganzjährig bewohnt und meist nur noch als Ferienhäuser genutzt, doch die Bewohner versuchen die alte Tradition zu erhalten und pflegen ihre Häuser samt Gärten liebevoll. Das Dorf liegt auf einer kleinen Insel, die über lange Holzstege zu erreichen ist. Eine sehr idyllische Gegend – auch hier ist alles zu Ehren der Madonna dell’Angelo mit blauen und weißen Bändern geschmückt. In wenigen Tagen wird die große Prozession zu Ehren der Madonna in Caorle stattfinden, ein Ereignis, das es nur alle fünf Jahre gibt und entsprechend gewürdigt wird.

Auch auf der Insel ist alles für das Fest zu Ehren der Madonna dell’Angelo geschmückt

Die Madonna dell’Angelo ist die Schutzpatronin der Fischer von Caorle
Mit der Fischerboot-Fähre über den Kanal
Die gesamte Lagune ist von langen Wasserkanälen durchzogen, einige davon sind so breit, dass sie sogar von größeren Schiffen befahren werden können. Uns stellen diese Kanäle jedoch vor ein Problem – unser Radweg führt auf der anderen Seite weiter und es gibt keine Brücke weit und breit. Chiara grinst, als sie auf ein kleines Fischerboot zeigt. „Das ist unsere Fähre – wir verladen erst die Räder, und dann kommt ihr mit der zweiten Ladung nach“, meint sie. Gesagt getan, mit vereinten Kräften laden wir erst die Räder ins Boot und warten dann, bis der Fischer wiederkommt um uns abzuholen. Im Moment gibt es leider keine offizielle Fähre über den Kanal. Man muss sich vorab anmelden, um sicherzustellen, dass man auch abgeholt wird. Aktuell werden die Verträge wohl neu verhandelt und hoffentlich gibt es dann in der nächsten Saison wieder einen regulären Bootsservice für Radler und Wanderer. Alternativ muss man sonst den Umweg, zurück über Caorle und die dortige Brücke, in Kauf nehmen.

Ein ungewöhnliches Transportmittel für Fahrräder

Kleine Verschnaufpause bis das Boot wieder zurückkommt
Wir setzen unseren Weg fort. Über Schotterpisten geht es entlang der Kanäle bis weit in die Lagune hinein. Dass wir entlang der Wasserstrassen radeln, merken wir erst ein paar Kilometer später an einer Kreuzung. Das Land, das hier in der Lagune von den Bauern als Ackerfläche genutzt wird, liegt etwa 2 Meter unterhalb des Meeresspiegels. Das Wasser wird systematisch abgepumpt und Schleusen halten den Grundwasserpegel in Schach.
Das Weingut „La Frassina“
Nach etwa einer dreiviertel Stunde erreichen wir das Weingut „La Frassina“ von Lucia und Carlo Pasti. Wir werden schon erwartet und genießen erst einmal einen kühlen Drink im Schatten der großen Obstbäume, bevor wir eine Tour über das Gelände machen. Mit viel Passion erklärt uns Lucia, wie ihr Betrieb funktioniert, welche Trauben angebaut werden und was für die Weine der Region typisch ist. Wir haben Glück – die Trauben sind gerade reif, und wir dürfen direkt von den Rebstöcken ein paar Kostproben nehmen. Die Kids sind schwer beeindruckt.

Wie aus Trauben Wein wird, bekommen die Kinder anschaulich erklärt

Beeindruckend – die riesigen Weinfässer im Weingut „La Frassina“
Radtour in Caorle: Weinprobe und Antipasti
Anschließend wartet natürlich eine Weinprobe auf uns. Und nicht nur das – dazu werden, für die Region typische, Antipasti gereicht. Schinken, Salami und Käse von den Bauern aus der Lagune, das Ganze garniert mit ein paar edlen Tropfen – und wir werden plötzlich sehr träge und würden am liebsten ein Mittagsschläfchen im Schatten der Bäume machen.

Die Schätze von La Frassina
Mountain Bike Touren in Caorle – unser Fazit:

Mountain Bike Guide Chiara

Reiche Apfelernte in der Lagune von Caorle