Reisen in der Hurrikan-Saison – wer im Sommer eine Florida-Reise bucht, fragt sich meist: „Was mache ich, wenn es zu dieser Zeit tatsächlich einen Hurrikan gibt?“.
Was tun, wenn ein Hurrikan in Florida kommt?
Diese Frage haben wir uns auch jedes Jahr aufs neue gestellt – was tun, wenn ein Hurrikan in Florida die Reisepläne durchkreuzt? Bisher hatten wir Glück. Klar, das Wetter in Florida ist im Sommer heiß und unbeständig. Regengüsse gehören zum Tagesablauf, aber meist sind sie genauso schnell vorbei, wie sie gekommen sind. Unsere Erfahrungen waren also bisher sehr positiv und wir konnten unsere Roadtrips immer wie geplant durchführen.
Dicken Wolken und viel Regen – Hurrikan Hermine kommt…
Letzten Sommer sah die Sache dann etwas anders aus. Schon bei unserer Ankunft in Miami warteten dicke Gewitterwolken auf uns. „Das sind die Vorboten von Hurrikan Hermine“, erzählte uns der Hotelchef des Provident Doral the the Blue. „Sieht so aus, als müsstet ihr euch auf eurer Tour auf mehr Regen einstellen als üblich“, fügte er hinzu. Noch lag Hermine allerdings so weit entfernt, dass es nicht möglich war, ihren exakten Weg vorherzusagen.
In so einem Fall hat man zwei Möglichkeiten: man lässt sich die Reise vermiesen – oder eben nicht. Wir entschieden uns für letzteres und beschlossen eben jeden Tag so zu nehmen wie er kommt. Natürlich behielten wir das Wetter im Auge (alles andere ist in Florida auch gar nicht möglich, denn ein nahender Hurrikan ist natürlich immer Gesprächsthema Nummer 1) – unsere Routenplanung war sowieso noch flexibel – bis auf drei Tag in Crystal River. Die waren schon fest verplant und wir freuten uns schon sehr auf den Besuch bei den Meerjungfrauen von Weeki Wachee, auf den Bootstrip auf dem Crystal River, auf das Schwimmen mit den Manatees (Seekühen) und die Tour nach Homosassa Springs.
Unsere Tage in Miami wurden von dicken Gewitterwolken am Horizont begleitet, dennoch waren die Tage von Hitze und Sonnenschein geprägt. Nur abends regnete es heftig.
Drückende Hitze in den Everglades
Auch unsere Tour durch die Everglades blieb zum Glück trocken, denn die unbefestigte Loop Road ist bei Regen nur schwer befahrbar, da man die Schlaglöcher dann nicht abschätzen kann. Bei unserer kleinen Wanderung durch Shark Valley war es unglaublich heiß und drückend – dennoch lohnte sich die Tour -wir sahen Alligatoren auf der Straße, Baby-Alligatoren direkt am Wegesrand, unzählige Vögel, Schildkröten und sogar eine Schlange. Erstaunlicherweise gab es kaum Stechmücken und andere Insekten.
Sonne, Wolken und Gewitter – flexibel bleiben…
Unsere nächsten Stationen waren Fort Myers, Sanibel & Captiva Island und Sarasota. Ein bunter Sonne, Wolken, Gewitter und Wolkenbruch-Mix hielt uns hier kräftig auf Trab. Dennoch bekamen wir genug Sonne ab und jeder Abend endete mit einem gigantischen Sonnenuntergang.
Dass wir aber am Strand von Captiva auf den 100 Metern vom Strand zum Parkplatz nässer als beim Bad im Meer wurden und wir bei unserer ersten Tour durch das Ding Darling Wildlife Refuge das Auto wegen Starkregen nicht verlassen konnten, möchte ich hier dennoch nicht verschweigen. Wahrscheinlich haben wir dennoch mehr Tiere gesehen, als andere bei schönem Wetter – nur das Fotografieren gestaltete sich etwas schwierig.
Hurrikan Hermine nimmt Kurs auf die Golfküste
Kurz bevor wir von Sarasota Richtung Norden aufbrechen wollten, war klar, dass Hurrikan Hermine Kurs auf die Golfküste Floridas nehmen würde. Crystal River lag am südlichen Rand des errechneten Bereichs, in dem Hermine an Land kommen würde. Was tun?
Wir entschieden uns trotzdem zu starten und notfalls unsere Route kurzfristig zu ändern und nach Orlando oder weiter zur Ostküste zu fahren. Großer Wunsch der Kinder war, wieder Weeki Wachee zu besuchen. Der kleine Nationalpark mit seinem glasklaren Quellwasser, seinen Meerjungfrauen und dem Alt-Florida-Flair hatte es uns beim letzten Besuch wirklich angetan.
Allein in Weeki Wachee
Dort angekommen fanden wir einen gähnend leeren Parkplatz vor. Die Dame an der Kasse sah uns etwas ungläubig an und sagte: „Wenn es gewittert schließen wir – euer Eintrittsgeld bekommt ihr aber nicht zurück!“ Wir ließen uns trotzdem auf den Deal ein – vielleicht haben wir Glück. Die Sonne war nicht mehr zu sehen, dafür jede Menge schwarze Wolken.
Allein unter Meerjungfrauen
Wir beschlossen erst einmal in der Quelle zu baden – abgesehen von drei oder vier anderen Besuchern, hatten wir den gesamten Badebereich für uns alleine. Wir genossen das ausgiebige Schwimmen – es ist wirklich unglaublich, wie klar das Wasser dort ist. Selbst bei einer Tiefe von 3 oder 4 Metern, kann man am Grund jeden noch so kleinen Kieselstein sehen. Immer wieder entdecke ich Schilkröten, die unter uns vorbeischwimmen.
Und was soll ich sagen – das Wetter hielt! Wir konnten die Meerjungfrauenshow ansehen und sogar noch die Flußtour mit dem Boot machen.
Allein im Hotel in Crystal River
Rundum zufrieden verließen wir nach ein paar Stunden Weeki Wachee und fuhren weiter nach Crystal River. Das dortige Best Western Hotel hatten wir ebenfalls für uns alleine – und bekamen ein der schönen Zimmer direkt vorne am Wasser (ob das in der Situation ein richtiger Pluspunkt war, lassen wir mal dahingestellt).
Der Hurrikan ist das einzige Gesprächsthema
Noch ließ Hurrikan Hermine auf sich warten er sollte in zwei Tagen an Land kommen – wo genau stand noch nicht fest. Abends aßen wir im Restaurant Crackers gleich neben dem Hotel. Der Hurrikan war auch hier Gesprächsthema Nummer 1. Wo wir übernachten, wollte der Kellen wissen. Und wie lange wir bleiben. Auch er war noch nicht sicher, wie es hier weitergehen würde. Mitarbeiter, Einheimische und Touristen saßen in der überdachten Außenbar gemeinsam vor dem Fernseher – es lief der Wetterkanal. Nebenher wurde diskutiert. Kommt Hermine – oder kommt sie nicht. Und wenn sie kommt, was wird sie anrichten… „Stay save“ riefen sie uns nach, als wir das Restaurant verlassen. „You too“, gaben wir zurück.
Es war eine seltsame Situation, so gar nicht zu wissen, wie sich die nächsten Tage gestalten würden. Die Einwohner Floridas kennen diese Situationen natürlich zu genüge. Sie bleiben vorsichtig aber gleichzeitig auch sehr ruhig – sie alle eint der bange Blick auf die Wetterprognosen.
Wir beschlossen, die Nacht erst einmal in Crystal River zu verbringen, aber die zweite Nacht zu stornieren, wenn Hermine bis zum nächsten Morgen nicht die Richtung gewechselt hat.
Wir ändern unsere Route
Am nächsten Morgen waren wir sehr früh wach. Eigentlich wäre heute untere Bootstour zu den Manatees. Der erste Blick nach dem Aufwachen galt dem TV-Wetterbericht, der unverändert nichts Gutes verhieß. Nach dem Frühstück gingen wir hinab zur Tauchstation. Die Jungs boten an, die Tour durchzuführen: „Im Moment können wir nicht abschätzen, wie sich das Wetter entwickelt. Sollte es jedoch gewittern, müssen wir sofort zurückfahren“, erklären sie. „Wie hoch das Gewitterrisko ist?“, wollen wir wissen. „So 70 – 80 Prozent – oder mehr“, antworten sie. Das war uns dann doch zu viel. Wir wollten weder uns noch das Tauchteam der Gefahr aussetzen, draussen von einem Gewitter überrascht zu werden und beschlossen gemeinsam, die Tour abzusagen. Die Jungs waren erleichtert – wir auch.
Noch ein Tag bis zu Hurrikan Hermines Ankunft an Land. Wir fuhren zum lokalen Tourismusbüro um uns nach der aktuellen Situation zu erkundigen. Der Mitarbeiter schüttelte ratlos den Kopf, als er uns sah: „So ein Pech, es ist so schade, dass ihr ausgerechnet jetzt hier seid! Was habt ihr jetzt vor?“. Wir erzählen ihm, dass wir uns entschlossen haben, die zweite Nacht zu stornieren und gleich nach Orlando weiterzufahren. „Eine gute Idee“, meint er. „Ich fürchte, dass morgen hier alles unter Wasser steht und dass wir auch ein Problem mit der Stromversorgung bekommen werden.“
„Fahrt aber auf jeden Fall noch kurz nach Homosassa Springs, dann seht ihr wenigstens noch ein paar Manatees!“ – rief er uns noch hinterher. „Das ist gleich um die Ecke!“.
Allein mit den Manatees
Gesagt getan, wir fuhren direkt weiter nach Homosassa Springs. Überraschung – auch dort waren wir die einzigen Gäste. Gerade als wir aus dem Auto aussteigen wollten, öffnete der Himmel seine Schleusen – und wie! Trotz Regenschutz erreichten wir die Manatees vollkommen durchnässt. Die wiederum waren völlig überrascht, dass an diesem Tag überhaupt jemand vorbeikam und zeigten sich uns ganz entspannt und in voller Pracht. Genau genommen war es wie mit den Manatees zu schwimmen – wir waren genauso nass und genauso nah dran… 😉
Nach dem schönen Erlebnis und der unfreiwilligen Megadusche fuhren wir zurück ins Hotel. Den Koffer hatten wir schon am Morgen gepackt. Wir buchten noch kurz ein Hotel in Orlando vor und verließen im strömenden Regen Crystal River. Auf dem Weg sahen wir die lange Autoschlange vor der Ausgabestelle der Sandsäcke. Es war klar – Hermine würde kommen, doch welche Zerstörungen sie mit sich bringen würde, konnte zu diesem Zeitpunkt noch keiner abschätzen.
Gerade noch rechtzeitig entkommen
Am nächsten Tag sahen wir Crystal River im Fernsehen wieder. Der Reporter stand auf unserem Hotelparkplatz – knietief im Wasser und berichtete, dass sämtliche Straßen überflutet seien und in der ganzen Region der Strom ausgefallen war.
In Orlando war von Hurrikan Hermine kaum etwas zu spüren. Der Himmel war bewölkt, es regnete am Nachmittag und Abend – aber das ist im Sommer ja durchaus üblich.
Jetzt könnt ihr wieder vorbeikommen!
Eine Woche später erhielt ich eine Email vom Tourismusbüro. „Nach viel Wasser und ein paar Tagen Stromausfall, haben wir die Lage wieder im Griff. Die Manatees warten auf euch – jetzt könnt ihr wieder vorbeikommen!“ Schade, dass wir da schon auf dem Weg zum Flughafen waren – aber wenn wir wieder mal in Florida sind, fahren wir auf jeden Fall wieder nach Crystal River!
Update: Inzwischen waren wir wieder in Florida und auch in Crystal River. Unsere Tipps für Crystal River und Umgebung findet ihr hier – Crystal River hat übrigens viel mehr zu bieten als „nur“ Manatees!