Wer die Provence kulinarisch kennenlernen möchte, kommt an der Bouillabaisse in Marseille nicht vorbei. Von einem einfachen Gericht der Fischer hat sich die Fischsuppe zur Königin der Suppen entwickelt und sorgt heute dafür, dass die besten Restaurants um den Titel der „besten Bouillabaisse der Stadt“ konkurrieren.
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Beim Sichten der Bilder von meinem Restaurantbesuch in Marseille muss ich erst einmal schmunzeln. Alle Motive sind in ein kräftiges orangerot getaucht und wirken recht dramatisch. Der Farbton ist der Beleuchtung auf der Terrasse des Restaurants Miramar am alten Hafen von Marseille geschuldet – noch dazu waren Heizpilze im Einsatz, die dafür sorgten, dass man auch an den recht frischen Oktoberabenden noch im Freien sitzen kann.
Aber die Farbe spiegelt den Wirbel um die Bouillabaisse in Marseille eigentlich ganz gut wieder – hier geht es nicht nur um eine regionale Fischsuppe, hier geht es um die Inszenierung eines Hypes, der kaum Grenzen zu kennen scheint – und der auch nicht ganz günstig ist.
Die Geschichte der Bouillabaisse in Marseille
Erwähnung findet die Bouillabaisse bereits in Schriften aus dem Altertum. Das Grundrezept geht bis in 16. Jahrhundert zurück und stammt vermutlich tatsächlich aus Marseille. Ursprünglich kochten die Fischer aus kleinen Fischen und Fischresten, die sie auf dem Markt nicht verkaufen konnten, mit Meerwasser ein nahrhafte Fischsuppe. Entsprechend variierten die Zutaten je nach Fang und Resten.
Das älteste bekannte Rezept beschrieb Jourdan le Cointe im Jahr 1790 in seinem Buch „La Cuisine de Santé“. Die Suppe ähnelte der heutigen Bouillabaisse, wurde aber als „Matelotte du Poissonier“ betitelt. In diesem Rezept fehlten allerdings die Gemüsezutaten, die heute für die typische Bouillabaisse verwendet werden. Im 1830 erschienen Kochbuch „Le Cuisinier Durand“ wurde ein Rezept für eine „Bouil-Abaisse à la Marseillaise“ beschrieben, die mit Langusten und Wolfsbarsch, bereits hochpreisige Zutaten enthielten, die für die ursprüngliche Fischsuppe nicht verwendet wurden.
Und so entwickelte sich die Bouillabaisse zu einem absoluten Gourmet-Gericht. Um einen Qualitätsstandard festzulegen, schlossen sich einige der bekanntesten Köche zusammen und gründeten die „Charte de la Bouillabaisse“, die die Richtlinien bezüglich der Zusammensetzung und Zubereitung des Gerichts definiert sind.
Da die Bestandteile der Bouillabaisse recht teuer sind, die Zubereitung sehr aufwändig ist und das Kochen der Suppe ansich mehrere Stunden in Anspruch nimmt, kochen nur noch wenige Einheimische das Gericht selbst. „Wenn wir Lust auf eine Bouillabaisse haben, gehen wir eher ins Restaurant“, höre ich gleich von mehreren Leuten, die ich vor Ort treffe.
Die Bouillabaisse wird zelebriert
Natürlich wollte ich diese ganz besondere Spezialität unbedingt probieren. Allerdings muss ich gestehen, dass ich etwas Sorge hatte, dass ich eine Fischsuppe vorgesetzt bekommt, aus der mich die Fische anstarren und ich zwischen Fischköpfen und Gräten die Suppe herauslöffeln muss. Das wäre nicht so mein Ding gewesen…
Zum Glück kam es ganz anders – meine Bouillabaisse-Premiere fand im Restaurant Miramar, dem wohl bekanntesten Restaurant Marseilles für die Bouillabaisse statt. Sehr schön, direkt am Hafen gelegen, eröffnet sich von der Terrasse ein schöner Blick über die sanft schaukelnden Boote und hinauf zur Basilika Notre Dame de la Garde.
Das Restaurant ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Durch das warme Licht (und die Heizpilze) entsteht eine gemütliche, fast heimelige Atmosphäre. Die Bestellung ist schnell gemacht- natürlich entscheiden wir uns (wie fast alle Gäste um uns herum) für die Spezialität des Hauses – die Bouillabaisse.
Um uns herum herrscht hektische Betriebsamkeit. Die Kellnerinnen und Kellner haben alle Hände voll zu tun. Nach einem kleinen Gruß aus der Küche sind wir gespannt auf unser Abendessen. Unsere Kellnerin präsentiert uns eine große Platte mit Fischen, Meeresfrüchten und Gemüse. So richtig identifizieren kann ich die einzelnen Bestandteile nicht – dafür ist es zu dunkel. Egal – ich bin ja schon froh, dass ich die einzelnen Fische nicht filetieren muss.
Sieben verschiedene Fischarten kommen in die Bouillabaisse
Laut Rezept kommen Petersfisch, Knurrhahn, Meeraal, Seeteufel, Drachenkopf, Felsenfische und Krustentiere in die Suppe. Dazu Kartoffeln, Fenchel, Tomaten, Zwiebeln, Knoblauch, Safran, Petersilie und 2 Gläser Pastis.
Die Dame entschwindet wenige Sekunden später wieder mit der prall gefüllten Platte und kehrt kurz darauf mit einem Teller sämiger Brühe für jeden zurück. Dazu reicht sie einen Teller mit Croutons, Knoblauchzehen und Rouille (eine Art würzige Mayonnaise mit Safran). Die knusprigen Croutons werden nun mit einer Knoblauchzehe eingerieben und mit etwas Rouille bestrichen und werden dann aus der Suppe gelöffelt. „Esst nicht zu viel! Das stopft ganz schön und es kommt ja noch ein weiterer Gang!“, mahnt sie uns.
Die Suppe ist wahrhaft eine Geschmacksexplosion und zusammen mit den Croutons so lecker, dass man wirklich aufpassen muss, dass man sich nicht schon beim ersten Gang satt isst. Dann folgt der zweite Gang – dieses Mal mit den filetierten Fischen und Kartoffeln in der sämigen Brühe.
Kein Fisch guckt mich an (Erleichterung!), es schmeckt nicht zu fischig (noch mehr Erleichterung) und die einzelnen Fische sind für mich nicht zu erkennen (noch sehr viel mehr Erleichterung). Eine Stücke sind sehr zart, andere haben eine festere Konsistenz – aber alle sind perfekt filetiert und in einigermaßen mundgerechte Stücke geschnitten.
Die Bouillabaisse: Ein außergewöhnliches Geschmackserlebnis
Tatsächlich fand ich die Bouillabaisse in Marseille lecker – ein außergewöhnliches Geschmackserlebnis. Noch dazu hätte ich niemals gedacht, dass man von einer Suppe so satt sein kann, dass man das Gefühl hat auch in den nächsten Tagen nichts mehr essen zu können.
Wenn man eine Bouillabaisse probieren will, sollte man das tatsächlich in einem guten Restaurant vor Ort tun. Denn dort gibt es die passenden Zutaten frisch aus dem Meer. Bei uns daheim ist es sehr schwer, die verschiedenen Fische frisch und in guter Qualität zu bekommen. Solltet ihr dennoch Ambitionen haben – hier findet ihr das Rezept von Christian Buffa, dem Inhaber und Chef des Miramar.
Das Miramar
Christian Buffa führt das Restaurant Miramar seit vielen Jahren und hat zuvor unter anderem bei Paul Bocuse gelernt und gearbeitet. Er hat das Rezept weiter perfektioniert und auch ein bisschen dem Geschmack und den Wünschen der Touristen angepasst. Da sein Restaurant vermutlich in jedem Reiseführer vertreten ist und dadurch eines der bekanntesten Restaurants in Marseille ist, ist es entsprechend gut besucht.
Das war für mich perfekt – allerdings hätte ich mir gewünscht, dass die Kellnerinnen und Kellner sich die Zeit nehmen könnten, das Ritual des Bouillabaisse-Essens kurz direkt zu erklären, statt bunte Fähnchen mit der Anleitung dafür ins Essen zu stecken. Zudem war die Schrift sehr klein und bei den Lichtverhältnissen kaum lesbar.
Wer die Region um Marseille auch kulinarisch kennenlernen möchte, sollte diese Spezialität auf jeden Fall mal probieren.
Wer im Restaurant Miramar speisen möchte, sollte unbedingt vorab einen Tisch reservieren.
Restaurant Miramar, 12, quai du Port, 13002 Marseille, Tel.: 0033 4 91 91 10 40
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Das Miramar liegt am alten Hafen, nur wenige Schritte vom Grand Hotel Beauvau entfernt.
Ich bin nachhaltig und bequem mit dem Zug nach Marseille gefahren – eine echt gute Alternative zum Auto oder sogar zum Flug.