Kennt ihr das Gefühl? Ihr wartet bei eurer Ankunft aus dem Urlaub am Gepäckband auf eure Koffer. Euer Blick fällt auf die dort plakativ angebrachten Zollbestimmungen für Deutschland und ihr überlegt, ob die von euch gekauften Souvenirs eventuell gar nicht nach Deutschland eingeführt werden dürfen – oder ob eure Einkäufe den zulässigen Höchstwert für die zollfreie Einfuhr übersteigen. Mit klopfendem Herzen geht ihr durch den grünen Zollausgang, in der Hoffnung nicht kontrolliert zu werden.

Viele Reisende fragen sich, was sie aus dem Urlaub als Souvenir mit nach Deutschland bringen dürfen.
Gefährliches Halbwissen und moderne Legenden
Manch einer macht sich vorher schon Gedanken und holt sich Rat bei Freunden, Bekannten und in diversen Internet Foren. „Entferne alle Etiketten, trag die neuen Klamotten vor Ort und steck sie dann in die Dreckwäsche, dann merkt der Zoll nicht, dass sie neu sind“, wird da oft geraten. Oder auch: „Lass einfach alle Quittungen verschwinden und sag, dass du die Sachen schon vorher hattest. Dann kann dir keiner was nachweisen.“ – „Einen Laptop etc. zu kaufen ist kein Problem. Wenn ihr mit mehreren Leuten unterwegs seid, dann könnt ihr die Freimengen addieren und Produkte für größere Beträge einführen“, las ich neulich in einem Forum. Doch stimmt das tatsächlich?
Was die Zollbestimmungen betrifft, ist ein gefährliches Halbwissen im Umlauf. Fast jeder hat etwas dazu zu sagen – doch diese Aussagen sind oft nicht korrekt. Jeder, der aus dem Ausland nach Deutschland einreist, ist selbst für sein mitgebrachtes Gepäck verantwortlich.
Deshalb ist es wichtig, sich mit den Zollbestimmungen vertraut zu machen. Ganz wichtig auch: es gilt sowohl die deutschen Zollbestimmungen als auch die des jeweiligen Reiselandes zu beachten. Die können durchaus massiv voneinander abweichen. Macht euch deshalb immer schlau, was ihr in das jeweilige Land einführen und was ihr von dort mitbringen dürft.
Auch innerhalb der EU gibt es Beschränkungen
Auch innerhalb der EU gibt es Beschränkungen, dies betrifft vor allem Arznei- und Betäubungsmittel, Bargeld, Pyrotechnik, jugendgefährdende und verfassungswidrige Medien, Kulturgüter sowie Waffen und Munition. Weitere Infos dazu findet ihr hier.

Mehr als 8000 Tier- und 20 000 Pflanzenarten werden durch das Washingtoner Artenschutzabkommen geschützt.
Was darf aus Nicht-EU-Ländern nach Deutschland eingeführt werden?
Doch was darf man nun aus Nicht-EU-Ländern nach Deutschland einführen und was taugen die oben genannten Tipps von Freunden und Bekannten?
Wir haben bei Thomas Seemann, Pressesprecher des Hauptzollamts Stuttgart, nachgefragt:
Wie hoch ist der Freibetrag für Waren, die ein Reisender aus einem Nicht-EU-Land mit nach Deutschland bringen darf?
Thomas Seemann: Ein Reisender darf Waren im Wert von insgesamt 300 Euro aus einem Nicht-EU-Land nach Deutschland einführen – bei Flug- und Seereisen gilt ein Warenwert von maximal 430 Euro. Reisende unter 15 Jahren können Waren bis zu einem Wert von 175 Euro nach Deutschland einführen.
Diese Beträge können nicht addiert werden, d.h. es ist beispielsweise für ein Paar nicht möglich, ein einzelnes Produkt im Wert von 860 Euro steuerfrei einzuführen.
Wenn man nun beispielsweise beim Klamotten-Shoppen über die Stränge schlägt – reicht es, die Etiketten zu entfernen, die Kleidung zu tragen oder mit der Schmutzwäsche im Koffer zu mischen. Kommt man damit tatsächlich durch?
Thomas Seemann: Nun ja, bei der Einfuhr von Waren -auch im Reiseverkehr- bewegen wir uns letztendlich im Steuerrecht, da ggf. Einfuhrumsatzsteuer und Zölle für die mitgebrachten Sachen zu erheben sind.
Das ist dann eigentlich nichts anderes als bei der Jahressteuererklärung beim Finanzamt. Der Reisende muss für seine mitgebrachten Waren eine Steuer- bzw. Zollanmeldung abgeben. Dies tut er übrigens schon mit der Wahl des grünen Ausgangs für anmeldefreie Waren.
Was die Höhe des Werts der neu eingeführten Waren angeht, muss uns auch der Reisende einen Zollwert anmelden. Tut der Reisende das nicht oder behauptet, wie in Ihrem Beispiel mit den Hemden, zu Unrecht die Sachen würden aus Deutschland kommen, würde er bereits eine Steuerhinterziehung begehen.
Selbstverständlich wissen unsere Kollegen was die deutschen Urlauber in bestimmten Reiseländern gern einkaufen und welchen Wert die Waren dort haben. Wenn uns der Reisende gar keinen Wert der Einfuhrware benennen kann oder will, können wir den Wert der Urlaubssouvenirs auch schätzen.
Macht es Sinn, die Quittungen für die Einkäufe aufzubewahren?
Thomas Seemann: Mittels der Quittungen kann uns der Urlauber letztendlich die Grundlage für die Höhe der zu erhebenden Steuer nachweisen oder zeigen, dass er sich mit seinen Einkäufen im Rahmen der geltenden Freigrenzen bewegt. Einen Einblick in die persönlichen Kreditkartenabrechnungen hat der Zoll bei der Einreise nicht und aus Datenschutzsicht würde dies auch ein wenig weit gehen… Den gläsernen Bürger gibt es auch im deutschen Steuerrecht noch nicht.
Allerdings können wir Waren, wenn sie den Freibetrag offensichtlich überschreiten und nicht klar ist, wann der Reisende diese gekauft hat, beschlagnahmen und Nachweise über den Kauf verlangen. Die Beweispflicht liegt in diesem Fall beim Reisenden.
Dürfen gefälschte Marken für den Eigengebrauch nach Deutschland eingeführt werden? Gibt es eine Höchstgrenze?
Thomas Seemann: „Dürfen eingeführt werden“ ist nicht ganz der richtige Ausdruck – Produktpiraterie und besonders der kommerzielle Umgang mit Plagiaten ist in Deutschland verboten – der Zoll schreitet einzig und alleine nicht ein, wenn Reisende ein oder zwei Plagiate für private Zwecke aus dem Urlaub mitbringen.
Problematisch wird es beispielsweise schon, wenn das Fake T-Shirt nicht passt und im Internet zum Weiterverkauf angeboten wird. Eine Grenze gibt es auf jeden Fall sobald die Einfuhr einen kommerziellen Charakter hat -> das kann auch schon bei zwei gefälschten Markenuhren der Fall sein.
Dürfen am Strand gesammelte Muschelstücke nach Deutschland eingeführt werden – auch wenn es sich eventuell um Bruchstücke von geschützten Arten handelt?
Thomas Seemann: Muscheln und Muschelteile dürfen selbstverständlich eingeführt werden – solange Sie nicht von Tieren stammen, die durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen geschützt sind.
Dieses weltweite Abkommen umfasst 8.000 geschützte Tier- und mehr als 20.000 geschützte Pflanzenarten… Eine Aufzählung würde hier der Rahmen sprengen. Wir erleben es ziemlich häufig, dass Reisende Korallen aus dem Urlaub mitbringen. Hierzu muss man wissen, dass die Korallenriffe geschützt sind und man als Urlauber nicht nachweisen kann, ob man die abgebrochene Koralle am Strand gefunden oder doch am Riff abgebrochen hat.
Mehr Informationen zu diesem Thema findet man hier
bzw. Informationen zu den geschützten Arten über die Länderauswahl gibt es hier
Viele Produkte aus Leder, Straußeneiern, Alligatoren- oder Krokodilzähnen, Korallen etc. – die man in den Urlaubsländern kaufen kann stammen oft von Tieren, die unter Artenschutz stehen und dürfen natürlich nicht eingeführt werden. Doch wie sieht es mit Produkten von Tieren aus, die in speziellen Farmen gezüchtet werden, dürfen diese eingeführt werden?
Thomas Seemann: Sie haben Recht, beim Thema Artenschutz geht es um wildlebende Arten. Heutzutage ist Krokodilleder von Tieren aus der Farm wesentlich billiger als Wildfänge. Viele derartige Produkte kann man mit einer CITES als Artenschutzbescheinigung einführen ohne Probleme zu bekommen. Da viele Urlauber hier jedoch in den exotischen Ländern Phantasiepapiere zu den Waren erhalten, raten wir dringend dazu, die Hände von derartigen Waren zu lassen.
Ein Rechenbeispiel: Wenn ich nun Waren im Wert von 1000 Euro gekauft habe und bei der Rückreise die Waren verzollen möchte – welche Kosten kommen dann auf mich zu?
Thomas Seemann: Vorausgesetzt die von Ihnen erworbenen Waren fallen nicht in die Kategorie „verbrauchsteuerpflichtige Waren“ wie Tabak oder Alkohol würden die Einfuhrabgaben in Ihrem Beispiel bei etwas knapp 320 Euro liegen, wenn es sich um nicht teilbare Waren – also um ein einzelnes Produkt in diesem Preisrahmen – handelt. Sollte es sich um teilbare Waren handeln, muss die Differenz zwischen dem Freibetrag und dem Warenwert verzollt werden.
Für alle Reisenden die sich hier gern einen Überblick über die Abgaben verschaffen wollen, empfehle ich die kostenlose Reiseapp vom Zoll.
Was ist ihr persönlicher Rat an die Reisenden?
Thomas Seemann: Bestimmt wollen sich die meisten Urlauber später einmal an die tollen Reiseerlebnisse erinnern und nicht an den Ärger mit dem Zoll. Von daher rate ich allen Reisenden sich möglichst vorab über die Bestimmungen zu informieren.
Aber selbst wenn man nach der Ankunft vor dem roten und grünen Ausgang steht und nicht weiß, ob man jetzt mit seinen Souvenirs wertmäßig noch in der Freigrenze ist, kann man den roten Ausgang benutzen und bei meinen Kollegen eine Anmeldung abgeben. Wenn sie die Freigrenze nicht überschreiten, werden ihnen keine Abgaben berechnet.
Ausführliche Informationen über die Reisefreimengen aus Nicht-EU-Staaten gibt es hier.
Wir danken Thomas Seemann vom Hauptzollamt Stuttgart für die Beantwortung unserer Fragen!