Ein Ausflug ins stille Küstenhinterland der andalusischen Metropole Málaga kann ganz schön abenteuerlich sein. Warum wir dabei in einem Dorf für Gesprächsstoff sorgen, eine Verkehrsblockade im Nirgendwo verursachten, kulinarisch rundum verwöhnt wurden und ein Mitglied unserer kleinen – aber feinen – Reisegruppe beinahe in einem einsamen Bergdorf zurücklassen mussten, erfahrt ihr hier:
In der Axarquía findet man das ursprüngliche Andalusien
Die Axarquía (gesprochen Asarkiia) hat ein Problem. Kaum ein Tourist macht hier Halt. Das liegt nicht daran, dass die Gegend nicht schön ist – ganz im Gegenteil. Aber ganz in der Nähe gibt es einfach zu viele noch spektakulärere Attraktionen. So sind die Berge der Sierra Nevada höher, die Städte Málaga, Granada, Córdoba oder Sevilla größer und natürlich berühmter, die Küste mit ihren Stränden verführerischer. Und so kommt es, dass zwar viele Besucher durch die Axarquía fahren – aber eben nicht dort verweilen, weil sie eigentlich ein anderes Ziel haben. Das sollte euch aber nicht davon abhalten, einen Ausflug in die Axarquía zu unternehmen, denn ihr werdet dort das stille und ursprüngliche Andalusien finden!
Wir waren mit eine „Selbstfahrer-Tour“ in der Axarquía unterwegs, d.h. die Route und das grobe Programm waren vorgegeben. Für uns perfekt, denn so konnten wir uns unsere Zeit weitgehend frei einteilen und so viele Fotostopps einlegen, wie wir wollten. Wir waren an diesem Tag als geballte Frauen-Power unterwegs – ein 4-Frauen-Team. Klar, dass da schon während der Fahrt jede Menge Spaß vorprogrammiert war – eine Tour steht und fällt schließlich mit den Mitreisenden.
Erste Station: Canillas de Aceituno
Ausgerüstet mit einer Routenbeschreibung und einer Landkarte starteten wir unsere Tour. Auf ein Navi verzichteten wir bewusst – es sollte ein echter „Old School Roadtrip“ werden. Von Torremolinos aus ging es über die Autobahn an Málaga vorbei ins bergige Küstenhinterland. Unsere erste Station war Canillas de Aceituno. Eines jener weißen Dörfer, die man schon von weitem entdeckt, weil sie förmlich – aus der eher kargen Landschaft – herausleuchten. Etwas mehr als 2000 Menschen leben hier an den südlichen Berghängen der Sierra Tejeda. Der Blick von hier oben war fantastisch – er reichte über die Weiten der Axarqía mit den schroffen Bergen, den unzähligen Olivenbäumen, die von hier oben nur als Punkte auf den Berghängen auszumachen waren, bis zum blassblau schimmernden Meer in der Ferne. Wir ließen das Auto auf einem kleinen Parkplatz am Ortseingang stehen und gingen zu Fuß weiter. Auf den schmalen Dorfstraßen ging es eher gemächlich zu. Außer uns gab es weit und breit keine anderen Touristen. Einige Hunde strichen umher und beäugten uns misstrauisch. Eine Katze flüchtete schnell hinter ein Geländer und folgte uns mit ihrem Blick durch die Straße. Frisches Obst und Gemüse war auf einem kleinen Tisch vor dem Dorfladen aufgebaut. Gleich um die Ecke befand sich die kleine Kirche, die zur Zeit restauriert wird. Hier trafen wir auch auf die ersten Einwohner von Canillas de Aceituno. Die Umbauarbeiten scheinen einen willkommenen Treffpunkt für alle zu bieten – kurz mal schauen, wie der Stand der Dinge ist, hören, was es neues gibt und ein Schwätzchen halten.
Erst mal in Café
Klar, dass wir sofort auffielen. „Wollt ihr einen Kaffee trinken?“, fragte uns eine Frau. „Ein Bekannter von mir hat ein Café gleich um die Ecke.“ Gute Idee – wir folgten ihr gerne und landeten wenige Minuten später in der kleinen Dorfbar „Restaurante y bar Angel“ (calle Aqua 5). Hier soll es übrigens die besten Churros geben, allerdings nur am Samstag und Sonntag Vormittag! Praktischerweise gab es genau vier Stühle auf der Straße, die sicher nur auf uns gewartet hatten. Wir setzten uns und hielten kurz darauf alle eine dampfende Tasse Kaffee in den Händen und beobachteten amüsiert das Treiben auf der Strasse. Obwohl es gerade erst 10 Uhr ist, herrscht in der Bar reges Kommen und Gehen Ein Bagger quetschte sich durch die schmale Gasse – und wir mussten uns erst einmal unsere Stühle verlassen und uns kurzfristig in Sicherheit bringen. Dann ging eine ältere Dame vorbei und zeigte die Gasse hinab: „Dort müsst ihr euch unbedingt die Strasse mit den Blumen ansehen!“ Sie winkte uns noch kurz zu und verschwand um die nächste Ecke.
Kurz darauf kam die nächste Frau vorbei, die uns ebenfalls den Weg zu der Straße wies. Das machte natürlich neugierig und wir machten uns auf die Suche nach diesem offensichtlichen Dorf-Highlight. Und tatsächlich, nicht weit entfernt entdeckten wir die wirklich entzückende blumengeschmückte Gasse, die wirkte, als hätte man sie direkt aus einem Bilderbuch entnommen. Die Häuserwände mit maurisch anmutenden Kacheln geschmückt, liebevoll dekorierte Balkone und hübsche Hausnummern – es gab viele Details zu entdecken. Besonders fielen uns aber die sehr freundlichen und hilfsbereiten Menschen in Canillas de Aceituno auf. Vermutlich kommen hier im Sommer doch einige Touristen vorbei – zumindest ist es schwer vorstellbar, dass so ein kleines Juwel vom Tourismus unentdeckt bleibt. Aber wir hatten das Dörfchen an diesem Tag quasi für uns allein.
La Venuela – der leuchtende See
Wir hätten noch viel Zeit in Canillas de Aceituno verbringen können, aber wir wollten noch mehr von der Axarquía kennenlernen und machten uns schweren Herzen auf den Weg zu unserer nächsten Station – dem Stausee La Venuela. Schon von weitem konnten wir den leuchtend blauen See im Tal sehen. Natürlich wollten wir uns den See aus der Nähe betrachten, doch einen Parkplatz in Ufernähe zu finden war gar nicht so einfach. Doch schließlich hatten wir Glück – eine kleine Ausbuchtung auf der rechten Straßenseite war frei. Wir mussten nur noch einen kleinen Hügel erklimmen und dann lag uns der See förmlich zu Füßen. Wir hatten fantastisches Wetter erwischt – und die Sonne ließ den See in allen möglichen Schattierungen zwischen smaragdgrün und tiefblau leuchten. Fasziniert betrachteten wir die schöne Aussicht und fanden immer neue schöne Fotomotive. Als wir endlich zu unserem Auto zurückgingen, stellten wir fest, dass sich andere Autos zu unserem Fahrzeug gesellt hatten. Erst auf den zweiten Blick sahen wir, dass die anderen Fahrer noch alle im Auto saßen und auf irgendetwas warteten. Auf den dritten Blick stellten wir schließlich fest, dass die vermeintliche Parkbucht eine Abbiegespur war. Erstaunlich wie entspannt die Leute hier waren – kein Hupen, kein Meckern. Eher ein amüsiertes Beobachten.
Durch die Bergwelt der Axarquía
Unsere Fahrt ging weiter durch die herrliche Bergwelt der Axarquía. Die schmale Straße schlängelte sich durch bizarre Felsformationen, mal steil hinauf, dann wieder schwindelerregend bergab. Außer uns ist auch hier kaum jemand unterwegs. Die Landschaft ist eher karg, viele Büsche und Olivenbäume, dann wieder von Steinen und Felsen durchzogene Wiesen. Nach einer sehr abwechslungsreichen Fahrt, erreichten wir schließlich unser nächstes Ziel – das Dörfchen Alfarnatejo.
Kulinarische Überraschung in Alfarnatejo
Hier ging es noch um einiges beschaulicher zu als in Canillas de Aceituno. Ein schmuckes Dörfchen mit schneeweiß getünchten Häusern, einer blitzsauberen Hauptstraße und einem traumhaften Blick auf die umliegenden Berge. Die Straßen waren fast menschenleer, Restaurants und Geschäfte geschlossen. Ein Blick auf die Uhr verriet uns, warum. Es war schon 14.30 Uhr – Siesta Time in Spanien. Langsam regte sich bei uns der Hunger – Zeit für ein spätes Mittagessen. Unsere Tour sah ein Mittagessen bei einheimischen Familien vor. Wir waren sehr gespannt, was uns erwarten würde. Wir trafen unsere Gastgeberin Dolores am vereinbarten Treffpunkt mitten im Dorf. Sie führte uns zu ihrem Haus am Ortsrand. Wie viele typische Häuser in Andalusien, wirkte es von außen recht unscheinbar – erst beim Betreten des Hauses entdeckt man die großzügigen und liebevoll dekorierten Innenhöfe und stellt fest, wie groß das Haus wirklich ist. So war es auch bei Dolores – durch das Wohnzimmer erreichten wir den hübschen Innenhof.
Heiratsvermittlung auf Spanisch
Dahinter befand sich das rustikal eingerichtete Esszimmer. Dort hatte Dolores bereits leckere Tapas für uns vorbereitet. Doch damit nicht genug, es folgte eine typische kräftige Gemüsesuppe, Schweinebraten mit gebratenen Kartoffeln, knackigem Salat, selbstgemachten Gebäck und frischem Obst. Dolores wirbelte strahlend durch ihre Küche und unterhielt uns mit allerlei Anekdoten – eine spanische Mama wie aus dem Bilderbuch – und eine perfekte Gastgeberin noch dazu. Wir fühlten uns rundum wohl in ihrem kleinen Reich. Auch Dolores schien Spaß an unserer Gesellschaft zu haben – sie hatte vor allem ein Auge auf unsere Team-Kollegin geworfen. Nachdem die äußerst attraktive junge Dame sogar noch den angebotenen Nachschlag annahm und das Essen in höchsten Tönen lobte, hatte sie Dolores Herz endgültig erobert. Diese ließ sie wissen, dass ihr jüngster Sohn noch zu haben sei und sie doch eine ideale Wahl wäre.
Keine Hochzeit – aber ein Happy-End!
Nun ja, eine Überlegung wäre das prinzipiell schon wert gewesen. Ein Leben in der Bergidylle Andalusiens, ein attraktiver spanischer Ehemann, leckeres Essen von der Schwiegermutter, eine eigene Schafherde und noch dazu immer bestes Olivenöl aus eigenem Anbau. Aber wichtige Entscheidungen sollten definitiv noch einmal überschlafen werden – und so fuhren wir schließlich auch vollzählig zurück nach Torremolinos. Satt, zufrieden und voller neuer Eindrücke. Ein großartiger Ausflug in die Region im Hinterland von Málaga, den man sich keinesfalls entgehen lassen sollte.
2 Kommentare
Hey! Ein wirklich sehr schöner Reisebericht und die Bilder sind ein Traum =) Vielen Dank und schöne Grüße aus dem Meraner Land
Vielen Dank und Gruß zurück ins schöne Südtirol 🙂